Ein Zuber ist ein großer ovaler Bottich aus Holz. Darin hat viel Platz, sowohl Wasser zum Wäschewaschen
oder zum Baden als auch ein paar Personen. Und wenn man dann so beisammen ist, gibt es auch viel zu erzählen.
Ursprünglich diente der Zuber als Utensil im mittelalterlichen Wiener Badehaus, einem Ort, der nicht
nur der Körperpflege diente, sondern auch ein wichtiger Kommunikationsraum war.
Das Internetportal „zuber.wien“ will an diese Praxis des sozialen Raums anknüpfen und ein Gefäß für
lokale Geschichten etablieren. Passend zu einem Zuber – und im Unterschied zur legendären Bassena am
Gang, die vor allem für Tratsch und Streit berühmt war – soll man im zuber.wien tief in einen Ort und
dessen Geschichten eintauchen können. Geboten wird eine unterhaltsame, atmosphärische Reise durch den
Wiener Alltag, Geschichten des Wohnens sowie themenspezifische Statements zur Geschichte der Wohnhausanlage.
Der Einstieg in dieses eher unbekannte Leben ist denkbar einfach: Möglich ist es sowohl vor Ort über
auf Stelen und auf Schildern angebrachte QR-Codes mittels der Handykamera, als auch zuhause am Computer
über die Internetadresse zuber.wien.
Das Pilotprojekt porträtiert
die Pioniersiedlung der WBV-GPA in der Favoritenstraße 235, die, damals am Rand der Stadt, in den
Jahren 1954-57 schrittweise errichtet und besiedelt wurde. Die Projektbetreiber führten dazu filmische
Interviews mit BewohnerInnen der Anlage sowie mit jenen Menschen, die diesen Ort regelmäßig
professionell betreuen. Zudem brachten die beiden „zuber-Bademeister“, Jürgen Glück und Dominik Nostitz,
Musiker mit, die die Wohnanlage an entlegenen Stellen (Dachboden, Waschküche; Höfe u.a.) zum Klingen brachten.
Aus der Vielzahl an Zugängen und Klängen entwickelt sich ein ungewöhnlich stimmungsvolles Gesamtbild.
Schnell merkt man, wie reich der Erfahrungsschatz der diversen Menschen ist, welch spannenden
Geschichten sich an diesem Ort zugetragen und angehäuft haben. Auch die besonderen gestalterischen
Details der Siedlung im 50er-Jahre-Stil kommen nicht zu kurz.
In nächster Zeit werden weitere Porträts von Wohnhausanlagen umgesetzt. Im Entstehen
ist damit ein vorbildhafter und charmanter Oral-History-Reiseführer durch den Wiener Wohnbau –
von den 1950er Jahren bis heute. (Text: Vitus Weh / Fotos: Florian Albert)
1895 geboren als Tochter einer großbürgerlichen jüdischen Familie rebelliert Marianne Katharina Pick schon früh gegen die Konventionen der Zeit: Sie schließt sich der bürgerlichen Jugendbewegung an und studiert als eine der ersten Frauen Staatswissenschaften und Nationalökonomie.
Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsrevolutionen radikalisieren die junge Wissenschaftlerin. Käthe Leichter wirft sich mit Herz und Seele in die Arbeiterbewegung. Sie glaubt fest an den Sozialismus und daran, die Befreiung des Menschen und damit auch die der Frauen selbst noch erleben zu können. Mit ihren umfangreichen Untersuchungen über das Leben von arbeitenden Frauen versucht Käthe Leichter, die Frauen zu ermutigen, um ihre Gleichstellung in Beruf und Familie zu kämpfen.
Bis zuletzt gibt sie die Hoffnung auf den Sieg ihrer Überzeugungen nicht auf. Sie geht nach dem Bürgerkrieg vom Februar 1934 zusammen mit ihrem Ehemann, dem Journalisten Otto Leichter, und den beiden Söhnen ins Schweizer Exil, um wenig später zurückzukehren und eine führende Rolle im Widerstand gegen den autoritären Ständestaat einzunehmen.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 verkennt Käthe Leichter ihre gefährliche Lage als jüdische Frau, widerständige Sozialdemokratin und Intellektuelle und bleibt, um legal auszuwandern. Ende Mai 1938 verhaftet sie die Gestapo. Nach eineinhalb Jahren Haft wird sie zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt und danach sofort wieder der Gestapo übergeben. In dieser Zeit schreibt sie ihre "Kindheitserinnerungen", ein bewegendes Zeugnis über die untergegangene Welt des Wiener jüdischen Bürgertums, gewidmet ihren beiden Söhnen Heinz und Franz, die wie ihr Vater das rettende Ausland erreichen konnten.
Internationale Interventionen und Visas, die auf dem britischen und amerikanischen Konsulat auf sie warten, nützen nichts: Sie wird Ende 1939 in das KZ Ravensbrück deportiert und im März 1942 ermordet..
Adresse: 1130 Wien, Auhofstrasse 152- 156
Baustruktur: 175 Wohnungen 30 Stiegenhäuser erschlossen werden.
Werktitel: Kunst-am-Bau: Zuber.Wien
Werktechnik: Internetportal und Schilder mit QR-Code vor Ort
Konzept: Jürgen Glück und Dominik Nostitz
Kamera, Ton und Filmschnitt: Jürgen Glück, Dominik Nostitz,
Interviewer: Jürgen Glück, Dominik Nostitz
Interviewpartner: Elisabeth Weihsmann, Helmut Weichselbaum, Eleonore Hostasch, Claudia Sorger, Monika und Peter Peuker, Franz S. Leichter, Georg Grundei, Marima Ratz u.a.
u.a.
Musiker: Di Brider - Fabian und Florian Pollack, Dominik Nostitz,
Schauspielerinnen: Miriam Fussenegger, Patricia Aulitzky, Verena Stauffer, Marie-Christine Friedrich
Realisierungszeitraum: November 2022 – März 2023