PATRICIA AULITZKY
liest aus dem Gedicht "an meine Brüder" von Käthe Leichter
Die große Sozialistin Käthe Leichter war nach der Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland im März 1938 im Land geblieben, um im Untergrund weiter politisch tätig zu sein. Durch Verrat eines Spitzels am 30. Mai 1938 von der Gestapo festgenommen, wurde sie Anfang 1940 ins Frauen-KZ Ravensbrück deportiert, wo sie zahlreiche Gedichte verfasste, die sie den Mitgefangenen vortrug, aus Sicherheitsgründen aber nicht aufschrieb.
Im März 1942 wurde sie, gemeinsam mit anderen jüdischen Häftlingen, in die Euthanasie-Anstalt Bernburg an der Saale gebracht und ermordet.
Die Kinder, von denen sie spricht, sind ihre Söhne Heinz (geb. 1924, gest. 2010) und Franz (geb. 1930). Ihr Mann ist Otto Leichter, dem noch im März 1938 mit einem gefälschten Pass die Flucht in die Schweiz und von dort weiter nach Brüssel gelungen war. Heinz und Franz konnten mit Hilfe einer befreundeten Familie und der ehemaligen Hausgehilfin ins rettende Ausland gebracht werden. Allen dreien gelang Ende 1940 die Flucht aus dem von der Deutschen Wehrmacht eroberten Frankreich in den USA.
Dass es die Ravensbrück-Überlebende Viktoria Fila war, die dieses Gedicht – als einzigen der in Ravensbrück entstandenen Käthe Leichters – der Nachwelt überlieferte, wissen wir von Rosa Jochmann. In den von Maria Sporrer und Herbert Steiner aufgezeichneten Gesprächen (1983 als Buch erschienen) berichtete sie: "Wir duften mit Juden weder sprechen noch zusammenkommen, haben es aber trotzdem getan. Käthe Leichter veranstaltete im Block 11, dem jüdischen Block, am Sonntag literarische Nachmittage.
Unter größten Vorsichtsmaßnahmen bescherte uns Käthe unvergeßliche Stunden mit alten Freiheitsgedichten und Liedern, die uns der Hölle entrückten. Das Gedicht 'An meine Brüder', das von der jungen Kameradin Viktoria Fila auswendig gelernt wurde und so erhalten geblieben ist, stammt von Käthe Leichter." Der Zeitpunkt, zu dem Käthe Leichter (1895-1942) das Gedicht verfasste, ist nicht überliefert.
Der Optimismus in der Zeile "Da flammt's im Osten seltsam auf, als stünde die Welt in Flammen" könnte aber ein Indiz für Ende 1941 sein, als die Deutsche Wehrmacht die Schlacht vor Moskau verlor.